Islands Frauen, Chinas Kinderhandel, Ramallahs Jugend (Arte Reportage)

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Island: Die Insel der Frauen: Wer erinnert sich noch daran, daß Island ab 1980 als erstes Land weltweit von einer Präsidentin regiert wurde? Vigdis Finnbogadottir heißt diese Präsidentin von damals und sie regierte 16 Jahre lang. Seitdem hat sich diese kleine Insel mit 320 000 Einwohnern zu einem Vorzeigemodell in Sachen „Frauen an die Macht“ entwickelt.

Heute ist Jóhanna Sigurðardóttir Premierministerin einer Regierung, in der Männer und Frauen gleich viele Posten besetzen. Sie hat ihren Berufsweg als Stewardess begonnen, setzte ihn fort als Gewerkschaftsfunktionärin und Parlamentsabgeordnete und schließlich Premierministerin. Sie ist Mutter von zwei Kindern, geschieden und hat 2010 ihre Lebensgefährtin geheiratet – ohne Skandal, ohne Proteststurm in der Presse oder der Bevölkerung.

In Island ist es zur Regel geworden, Frauen ganz selbstverständlich gleichberechtigt in die Verantwortung zu holen und dabei so manche Tabus von gestern über Bord zu werfen. Im April 2012 wählte die Isländische Kirche zum ersten Mal eine Frau an ihre Spitze: Agnès Sigurdardóttir, Pastorin, geschieden und Mutter von drei Kindern. Und für die Präsidentschaftswahlen am 30. Juni steht eine Bewerberin ganz oben in den Meinungsumfragen: Sie ist Journalistin, 37 Jahre alt und war zum Zeitpunkt unserer Dreharbeiten im Mai gerade hochschwanger, mitten in ihrer Wahlkampagne. Falls sie gewinnt, hat ihr Mann versprochen, seinen Job aufzugeben und sich um ihre sechs Kinder zu kümmern.

China: Geraubte Kinder zu verkaufen

Kinder zu stehlen und zu verkaufen ist in China ein einträgliches Geschäft: 200 000 Mädchen und Jungen, schätzt die Internetplattform „Baby Come Home“, werden dort jedes Jahr von Menschenhändlern entführt: Manche schuften als Arbeitssklaven auf dem Land andere als Bettler oder Prostituierte in den Städten. Manche werden von kinderlosen Familien gekauft – die Jungen als Stammhalter und die Mädchen als künftige und früh zu verheiratenden Braut.

Die Polizei in China rafft sich selten auf, ernsthaft nach den entführten Kindern zu fahnden. Deshalb hat die Internetplattform „Baby Come Home“ landesweit ein Netz von 50 000 freiwilligen Helfern im ganzen Land aufgebaut. Zurzeit suchen sie 6 000 Kinder auf ihrer Homepage – verzweifelte Eltern haben sich an sie gewandt, weil sie von der Polizei enttäuscht sind und die Hoffnung nicht aufgeben wollen, ihr Kind eines Tages wieder in die Arme schließen zu können.

Hou Dianming sucht seine kleine Tochter Wanping. Sie ist jetzt fünf und sie war erst drei Jahre alt, als irgendjemand sie vor zwei Jahren aus ihrer Wohnung in Schanghai entführte – seitdem ist ihr Vater ein Getriebener. Er folgt wieder einmal einer Spur, dieses Mal in den Süden Chinas. Jemand will sie dort erkannt haben. Es ist schon die sechste Reise, die er unternimmt, um sie wiederzufinden. Bisher waren alle Versuche vergeblich.

Dai ist 32 Jahre alt. Sie war erst zehn, als Menschenhändler sie entführten und 1989 an eine Bauernfamilie in der Fujian-Provinz verkauften. Sie durfte nicht mehr in die Schule gehen und musste hart arbeiten. Ihre leiblichen Eltern hat sie seit 22 Jahren nicht mehr gesehen. Die ARTE-Reporter haben die beiden begleitet: den Vater Hou Dianming auf der Suche nach seiner Tochter – und die Tochter Dai auf der Suche nach ihren Eltern.

Ramallah: Sehnsucht nach Leben

Die jungen Leute in Ramallah wollen leben – trotz alledem: in ihrem Land, das kein Land sein darf, das von politischen und religiösen Hardlinern gespalten ist – und wo vom arabischen Frühling wenig zu spüren ist. 20 Jahre alt zu sein, auf der Suche nach einem Platz im Leben, das ist in den Palästinensischen Gebieten eine Herausforderung.

Man nennt sie die Shebabs, die neue Generation der jungen Leute, eingeklemmt zwischen den Traditionen ihrer Eltern und den Verführungen moderner Zeiten vor allem im Internet. Die jungen Leute in Hebron reden miteinander online in den Internet-Cafés, dort trauen sie sich miteinander zu flirten, ungesehen von den kontrollierenden Blicken der Älteren. In sechs Monaten gewann Facebook 30 Prozent mehr Nutzer in den Palästinensischen Gebieten, im April waren es 910.000 Profile, das sind immerhin ein Drittel der Menschen die dort leben.

Am Donnerstagabend beginnt für sie das Wochenende, denn Freitag ist Gebets- und damit Feiertag. In Nablus geht man nur mit der ganzen Familie aus oder gar nicht. In Hebron ist der Alkoholausschank verboten, da weichen sie aus zu den Christen nach Bethlehem. In Ramallah herrscht in den angesagten Clubs eine strenge Kleiderordnung: Abendkleid und Stöckelschuhe, wer underdressed ist, kommt nicht rein. Die jungen Reporter der Abschlussklasse der Straßburger Journalistenschule CUEJ auf einer Spurensuche nach dem Leben der jungen Leute im Westjordanland.

Frankreich, 2012, 52 Minuten, ARTE, Erstausstrahlungstermin: 23.06.2012, 18:21 Uhr. Weitere Ausstrahlungstermine: Freitag, 29. Juni 2012, 10:30 Uhr Arte TV,
Islands Frauen, Chinas Kinderhandel, Ramallahs Jugend (Arte Reportage):
Islands Frauen Chinas Kinderhandel Ramallahs Jugend Arte Reportage 2012